Von 04.-11. Februar 2024 hat Werner Schwehm erstmals zum Foto-Camp auf Usedom eingeladen. Ein bunter Haufen aus zwölf Fotografen ist seinem Ruf gefolgt. Wir kamen aus Berlin, Bonn, Hamburg, Höxter, Kempten, Leipzig, Magdeburg, Solingen und Wien angereist und durften eine angenehme, lehrreiche und ebenso unterhaltsame Woche miteinander verbringen.
In der Unterkunft im DRK Seminarhaus in Heringsdorf haben wir uns schnell eingelebt. Die Apartments mit jeweils zwei Zimmern waren sehr bequem und mit fast allem ausgestattet, was man für den Alltag so braucht. Nur den Haarföhn sollte man selber mithaben. Aber auch dafür hatte das ausgesprochen freundliche Team des Hauses im Notfall eine Lösung. Für ein reichhaltiges Frühstück, auch für lieber vegan Essende oder Allergiker, wurde ebenso gesorgt wie für ausreichend Kaffee und Tee bei den Meetings.
Einen großen Vorteil bot uns dieses Gästehaus natürlich durch die Strandnähe. So konnten die frühen Vögel unter uns bereits ganz zeitig losmarschieren, um die berühmten Seebrücken in verschiedenen Lichtverhältnissen zu fotografieren.
Werners Ziel war es, im Gegensatz zu seinen Workshops mit hauptsächlich vorgegebenem Programm, den Austausch zwischen den Teilnehmern in den Vordergrund zu stellen. Statt von fixen Theorieeinheiten des Kursleiters lebte diese Veranstaltung von kurzen Bildvorträgen und Berichten der Fotografen. Jeder hatte die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder auch sein eigenes Wissen einzubringen. Wie das bei Erstlingsveranstaltungen so ist, musste man sich darauf erst einstellen. Aber wie wir Wiener gern sagen: „Durch's Reden kommen die Leut' z'samm!“ Und so ergänzten wir einander doch sehr gut, sodass am Ende der Woche alle zufrieden nach Hause fuhren.
Großer Schwerpunkt war natürlich das gemeinsame Besprechen der vor Ort geschossenen und bearbeiteten Fotos. Die Zeit für die Vorbereitung der Bilder konnten wir uns gut einteilen, es waren diesmal kaum Mitternachts Sessions notwendig. Dies war auch zum Teil dem schlechten Wetter geschuldet. Es war fast immer kalt, windig und regnerisch. Wir konnten uns nur über zwei Sonnentage freuen, und der schöne Fotonebel ließ sich erst am Abreisetag nieder. Weil es aber kein falsches Wetter gibt, sondern nur falsche Kleidung, hielt uns das nicht davon ab, trotzdem gelungene Aufnahmen zu machen. Als man schließlich draußen gar nicht mehr ohne Regenschirm weiterkam, waren wir mit Indoor-Fotoaufgaben beschäftigt. Unter dem Titel „Creativity needs nothing but you“ wärmten wir uns mit einer Kleingruppenaktivität auf. Ein weißes Blatt Papier war das einzige, was wir verwenden durften. Sonst waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Es war erstaunlich, was dabei alles entstanden ist! Ebenso interessant war es, einen kleinen Gegenstand aus der Küche in Scene zu setzen, indem man ihn abstrahiert und ein weiteres Utensil so kurios darzustellen, dass es ebenfalls für die anderen schwer zu erkennen war. Die Fotos mit der Aussage „Was ich nicht vermissen möchte“ ließen tief blicken. Gar manches musste näher erklärt werden.
Das bevorzugte Thema dieser Tage war die Langzeitbelichtung, was für die Profis unter uns genauso spannend war, wie für diejenigen, die hier die ersten Erfahrungen damit gemacht haben.
Ein großer Ansporn für uns alle war die Wahl des Fotos des Tages. Täglich reichte jeder Teilnehmer bzw. jede Teilnehmerin ein Foto ein, das dann zur Bewertung gebracht wurde. Die Jury waren wir alle. Das war sehr spannend, weil wir gleichzeitig raten konnten, wer für welche Aufnahme verantwortlich war. Die Schöpfer der gelungensten Bilder durften sich über ein Buch mit fotografischen Themen freuen, manche sogar über mehrere.
Wie immer konnte man sich nur wundern, wie viele unterschiedliche Ergebnisse von ein und demselben Ort bzw. zum gleichen Thema entstehen können. Ein anderer Blickwinkel, eine andere Brennweite, der Hang zu Schwarz-Weiß oder Farbe und vieles mehr bewirken eben vielfältige Resultate. Das macht dieses Hobby so spannend.
Die Insel Usedom birgt ein paar besonders fotogene Örtlichkeiten, die wir meist alle zusammen, manchmal aber auch in kleineren Gruppen oder allein bzw. zu zweit heimsuchten. Am nächsten lagen die Seebrücken Bansin, Ahlbeck und die Kaiser-Karl-Brücke in Heringsdorf. Diese sind fußläufig erreichbar, was manchem Frühaufsteher zugute kam. Manche schafften es bis zur Steilküste in Bansin. Für die Autofahrt zur Seebrücke in Koserow bildeten wir Fahrgemeinschaften. Dieses Bauwerk soll mit seiner gebogenen Form an die Wellen der Ostsee erinnern.
Weitere etwas entfernt gelegene Fotolocations waren die Hubbrücke Karnin und der abgestorbene Wald bei Murchin. Bei der Hubbrücke war es extrem windig, was die meisten von uns mit ihren Stativen wettmachen konnten. Für den Besuch der abgestorbenen Bäume hatte Werner eine Genehmigung eingeholt, da der Zugang ausschließlich über einen Privatweg möglich ist. Auf der angrenzenden Landstraße zu gehen, wäre zu gefährlich. Wir mussten sie nur an einer Stelle vorsichtig überqueren. Die Autos brausen hier besonders mit hohem Tempo vorbei, und es ist viel zu wenig Platz am Straßenrand. Dieser Umstand wurde uns fast zum Verhängnis, als ein Gruppenmitglied auf der Fahrbahn stürzte. Während der Erstversorgung und des Einsammelns der herumliegenden Gegenstände mussten mehrere Fahrer bremsen, was diese zum Hupen animierte. Zum Glück stellte sich bei der Untersuchung in der nächsten Klinik heraus, dass außer ein paar Schürfwunden nichts passiert war. Erfreulich ist, wie toll die Gruppe zusammengehalten und geholfen hat!
Neben all den Fotoaktivitäten und Bildbesprechungen kam das leibliche Wohl natürlich auch nicht zu kurz. Obwohl auf Usedom im Winter mangels Touristen sozusagen eingeschränkter Betrieb herrscht, waren doch einige Lokale geöffnet. Am ersten Abend trafen wir einander im nahegelegenen Café & Restaurant Asgard zum Essen. Klein, aber fein hatten wir es dort sehr gemütlich. Mitte der Woche stand ein Abendessen im Restaurant Meerzeit des Hotels Germania auf dem Programm, das ebenfalls an der Strandpromenade liegt. Spezialitäten des Hauses waren der gebratene Zander und der Hirschbraten. Unsere gemeinsame Woche fand schließlich den Ausklang in der Pizzeria Toscana.
Es war alles in allem eine sehr bereichernde Woche. Experiment Winter-Foto-Camp: gelungen! Bei der Feedbackrunde war deutlich zu hören, dass sich alle wohlgefühlt haben und neugierig auf eine Fortsetzung sind. Danke, Werner, dass wir dabei sein und mit deiner Unterstützung die Insel Usedom fotografisch erkunden durften! Danke an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ein freundliches, aktives und lehrreiches Miteinander!
Eva Vieh, Wien
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